Hat eLearning etwas mit Lernen zu tun?

Zuallererst – ich möchte ein Plädoyer für die Lernplattform MOODLE abgeben. Warum? Ich versuche das ganz kurz darzustellen:


Das Wissen und das Internet

Viel Wissen unserer Menschheit ist bereits in elektronischer Form verpackt im Internet abrufbar. Sich dieses Wissen anzueignen obliegt jedem selbst, früher hatte man nur die Möglichkeit so etwas über Bücher zu tun, heute ist der Zugang einfacher. Das bedeutet aber nicht, dass jeder dieses Angebot nutzt. Wo kommt jetzt E-Learning dazu? Ist es das Lernen mit digitalen Unterlagen, ist es das Eintauchen in eine neue Erfahrungswelt wo andere Kompetenzen (Methodenkompetenz, Medienkompetenz) wichtiger werden als die bloße Fachkompetenz, oder überhaupt etwas ganz anderes,  neues, nicht greifbares? Es scheitert schon häufig an der Definition, dann an der Interpretation und noch viele wesentlicher: an der Umsetzung.

Missverständnisse rund um den Begriff E-Learning
Der Grund warum sich so mancher Zeitgeist zu Unkenrufen im Stil von „eLearning hat mit Lernen nichts zu tun“ hinreißen lässt, beruht auf dem Missverständnis, das teilweise von Primarstufen bis in den universitären Bereich existiert – eLearning als Dokumentenaustausch zu verstehen. Ob digitale Unterlagen bereits im Web an bestimmter Stelle vorliegen oder ich als Lehrer meine Unterlagen quasi personalisiert meinen Schüler/-innen über eine Lernplattform, die als Dokumentenverwaltungssystem missbraucht wird, zur Verfügung stelle, macht nicht viel Unterschied – es werden nur Informationen abgerufen – das initiiert nicht unbedingt automatisch Lernprozesse.

Nochmals auf den Punkt gebracht: meine Unterlagen in elektronischer Form an meine Schüler/-innen zu übermitteln ist KEIN eLearning. eLearning ist permanentes work-in-progress. Laufende Veränderungen, Anpassungen sind notwendig. Lehrer/-innen die sich mit der Thematik anfreunden sollen nicht abgeschreckt werden – der Einstieg ist nun mal eine Lernplattform zu erproben, Inhalte elektronisch zu distribuieren, mit Schüler/-innen zu kommunizieren, das kann durchaus eine Herausforderung sein – step-by-step – ich wende E-Learning-Elemente seit ca. 5 Jahren aktiv an. Ich sehe jetzt, wie effizient, dokumentierend, reflexiv und motivierend E-Learning eingesetzt werden kann – aber auch ich habe intensiv den trial-and-error-Prozess durchlaufen müssen. Eine Zeiteffizienz beim Einstieg ist sicherlich nicht gegeben – jetzt inzwischen schon – ich kann mich auf andere Tätigkeiten bei der Erarbeitung von Inhalten mit Schüler/-innen konzentrieren – die eigentliche Aufgabe eines Pädagogen, wie ich finde. 


MOODLE als Werkzeug unserer Wahl

Was hat MOODLE jetzt damit zu tun? Nun, es ist ein Tool das genau dort ansetzt (wohlgemerkt beim richtigen Einsatz) wo ich Lernprozesse positiv begleiten möchte und zwar in einer sehr umfangreichen Art und Weise – konstruktivistisch, individualisiert mit zahlreichen Reflexionsmöglichkeiten. MOODLE ist ein Tool das von einem Pädagogen entwickelt wurde, der sich intensiv mit der Thematik der Lerntypen auseinandergesetzt hat (vgl. Martin Dougiamas, http://dougiamas.com/writing/herdsa2002/).  Auf einer seiner letzten Konferenzen in Deutschland, es war glaube ich in Bamberg, war seine zentrale Aussage: Wie viel Technik braucht es noch, um mit Schüler/-innen virtuell zu lernen? Er sagte das in Erkenntnis der Lage, dass jedes noch so gut gemeinte System an sich selbst scheitern kann, wenn es nicht richtig eingesetzt wird – so erlaubt es mir eine Lernplattform, Schüler/-innen an jeder Stelle zu protokollieren, zu überprüfen, und eben mit meinen Informationen zu versorgen. Es geht aber auch ganz anders.
Reden wir hier von ePortfolio-Arbeit, Etablierung eine Reflexionskultur, didaktische Szenarien die Social Media-Elemente mit Arbeitsaufträgen kombinieren, game-based-learning als motivierender Faktor, der Lernprozesse auslösen kann, selbstgesteuertes Lernen, um nur einige Aspekte zu nennen, dann fächern sich die Möglichkeiten schon ganz anders auf – das hat mit Dokumentenaustausch rein gar nichts mehr zu tun – und ist ebenfalls mit MOODLE sehr einfach leistbar.

Zurückkommend auf die Fragestellung ob eLearning auch einen Lernprozess beinhalten kann, ich würde sagen definitiv. Ich habe in zahlreichen Unterrichtssituationen Möglichkeiten erprobt, Schüler mit eLearning zu aktivieren  – wenngleich nicht alles funktioniert so doch der überwältigende Anteil. Warum? Nun, eLearning ist dem Web, dem Medium unserer Jugendlichen verhaftet, somit begibt man sich gleich viel mehr auf Augenhöhe mit dem Schüler. Das Einnehmen einer neuen Lehrer-Rolle die Pädagogen hin zu Coaches führt, ist hier beinahe eine Bedingung. Nicht jeder kann damit gut umgehen. 

E-Learning durch Anreize
Wir wissen aus der Hirnforschung, dass Lernprozesse initiiert werden, wenn entsprechende Anreize gegeben sind. Uns steht heute die ungeheure Vielfalt des Internets zur Verfügung um Schüler permanent mit Anreizen zu konfrontieren. Unsere Aufgabe als Pädagogen sehe ich darin zu begleiten, teilweise zu filtern, zu aggregieren, zu reflektieren und die Spannung am Köcheln zu halten.
Ich biete dazu gerne eines meiner didaktischen Szenarien an, das sehr positiv von einer Schulklasse durchlebt wurde. Im einem meiner multimedialen Gegenstände wo es darum geht verschiedene Medien und deren Bearbeitungsmöglichkeiten kennenzulernen wollte ich erproben, inwiefern Schüler/-innen mit einem spielerischen Zugang den Lernprozess schmackhafter gemacht werden kann.

Motor dafür war ein eLearning-Szenario das verschiedene Tätigkeiten über die Lernplattform abbildete. Der Anreiz war, das Konsolen-Spiel „Rockband“ mit der Klasse zu spielen. Dabei ist es erforderlich Teams von jeweils 4 Schüler/-innen zu bilden, die gemeinsam eine Rockband darstellen und gegen andere bestehen müssen. Im Vorfeld standen verschiedene Aufgaben die das   Erlernen verschiedener Multimedia-Produkte (Adobe Photoshop, WordPress, Facebook, Videoschnitt,…) zum Inhalt hatten. Die Aufgabenstellungen ergaben sich demnach im Stil von „Sucht einen kreativen Band-Namen“, „Erstellt ein Logo für die Band“, „Konzipiert einen Webauftritt“, „Entwickelt ein Marketing-Konzept für die Band“ (fächerübergreifendes Arbeiten durchaus möglich),  „Dokumentiert eure Teilnahme an gemeinsamen Bandproben durch Postings ins Band-Forum“.

Zu Semester-Ende wurde das Konsolenspiel erstmalig gespielt – im Vorfeld entwickelten 5 Bands ihre Strategien gegeneinander zu bestehen und erlernten angetrieben durch eine kleine Vision viele multimediale Fertigkeiten ohne großes Zutuns des Lehrers.
E-Learning beginnt dort, wo ich Lernprozesse multimedial begleiten möchte, vernetzt und kollaborativ denken muss und über mich und mit anderen reflektiere – das geschriebene Wort als Anreiz zu hinterfragen aber auch durch neue Technologien nutzstiftend einzusetzen.

http://de.wikipedia.org/wiki/E-Learning